Mitten in einer Phase, in der „mal wieder“ ich mich hauptsächlich um Kinder und den Haushalt kümmere, ist mein (leicht verspäteter, weil: #mumlife) Muttertagsbeitrag nach fünfeinhalb Jahren Mutterschaft: ein bitterer. Denn in dieser Zeit des mehr oder wenig Alleinseins mit zwei Kindern, einer Wohnung, meiner angestellten und einer freiberuflichen Erwerbstätigkeit bin ich: erschöpft. Müde. Wütend. Frustriert. Mitunter stinksauer. Und oft macht sich da dieses Gefühl in mir breit: Jeder Quark bleibt am Ende an mir hängen. 

Ich kümmere mich. Erziehe. Trockne Tränen. Kaufe ein. Koche. Räume auf. Wäsche. Hänge Wäsche auf. Hänge Wäsche ab. Schlichte Geschwisterstreit, gefühlt eine Millionen Mal am Tag. Ich ziehe an, ziehe aus. Bade. Creme ein. Putze Zähne. Kaufe Geschenke für Kindergeburtstage. Bringe hin zu Kindergeburtstagen. Bleibe da, oder hole danach wieder ab. Ich scheide Fußnägel, Fingernägel. Mache Arzttermine aus. Friseurtermine. Turntermine. Schwimmkursanmeldungen. Verabrede die Kinder mit Freund:innen. Achte darauf, dass die Kinder sich genug bewegen, jeden Tag an der frischen Luft sind, genügend Vitamine zu sich nehmen, genügend Eiweiß. Ich kaufe Frühlingsschuhe, Winterschuhe, Badeanzüge, Schneeanzüge. 

Ich könnte noch drei Seiten füllen mit den Dingen, die ich tue. Tagein, tagaus. Dinge, die keine:r sieht, die einfach anfallen, gemacht werden müssen, nebenbei. Dinge, für die man kein Geld bekommt, es sei denn man zählt das in Deutschland ausgezahlte Kindergeld als Gehalt, oder ihr regelt es, wie wir es machen: Ihr zahlt euch innerhalb der Beziehung gegenseitig ein Gehalt (oder nennen wir es eine Ausgleichszahlung für den Ausfall von erwerblicher Arbeit und damit dem Wegfall eines „normalen Gehalts“). Hier sei angemerkt: In die Rente fließt das automatisch natürlich nicht ein.

Ich sage nicht, dass mein Mann von all den Dingen auf der „Mental Load Mind Map“ nichts macht. Und überhaupt, es geht hier nicht um ihn. Warum wir gerade, wie jedes Jahr ein bis zwei Mal, in einer Phase wie der jetzigen stecken, ist an der Stelle auch irrelevant. Ändern kann ich’s eh nicht. Glaubt mir, ich will ihn nicht in Schutz nehmen, er bekommt in Phasen wie dieser zu Hause meine geballte Ladung Frust ab. 

Immerhin reden wir drüber. Und ich mache klipp und klar deutlich: Das kann nicht lange so gehen. Ich kann es nicht, ich will es nicht. Nicht für mich, und schon gar nicht für unsere Kinder. Ich kann alleine nicht das leisten, was „normalerweise“ mindestens zwei machen, früher anscheinend mal das bekannte gesamte Dorf gemacht hat; was mich aktuell aber so an die Grenzen meiner Kapazität bringt, ist, dass ich eben doch ganz genau das versuche: genug zu sein. Genug für zwei; die Abwesenheit des anderen zu kompensieren. 

Die Krux an der Sache: Oft finde ich die Dynamik zu Hause zu viert noch schwieriger als zu dritt, wenn die Kinder und ich alleine sind. Da stellen sich die beiden auf mich ein und ich mich auf die zwei. Gefühlt ist es zu viert oft unruhig und ich bin noch ungeduldiger, wenn Papa da ist und trotzdem die ganz Zeit nur Mama verlangt wird. „Being the default parent sucks. I might as well be single“ – diesen zynischen Instagram-Kommentar habe ich vor kurzem gelesen und kurz drüber nachgedacht: Ich möchte keineswegs Single sein, und ich liebe unsere Familie. Aber die Worte fühle ich dennoch. Und weiß, es ist verdammt viel Arbeit, diesen ganzen wirren Haufen aus Care-Arbeit, Mental Load, Beziehungsarbeit, Qualitätszeit der Kinder mit einem Elternteil und (LOL) Me-Time irgendwie zu managen. Arbeit, die oft den Eindruck erweckt, an mir hängen zu bleiben. 

Nach fünfeinhalb Jahren Muttersein habe ich ein sehr gutes Gefühl bekommen vom Mental Load und dass der auch in meiner Beziehung zum größten Teil an mir hängen bleibt. Ich verstehe mittlerweile, warum es meist die Frauen sind, die ausgebrannt sind, habe ein Gefühl für die generelle Benachteiligung der Frau bekommen, von der zumindest mittlerweile schon mal gesprochen wird. Ändert sich was dran? Langsam wohl. In manchen Familien sicher doch schon sehr viel mehr als in anderen. Umso schlimmer finde ich es, dass wir unseren Kindern aktuell mal wieder zu sehr vorleben: Mama ist da, Papa ist weg. Mama putzt Zähne. Mama kauft ein. Eh immer das falsche, klar. Und dass die pinke Lieblingsstrumpfhose von einem Abend zum nächsten Morgen nicht frisch gewaschen und getrocknet ist, kriege auch ich ab, klar. 

Ich schimpfe, ich werde laut, ich bin ungerecht, ich bin Kaka, zumindest laut meiner zweieinhalb jährigen Tochter. Die Wahrheit dahinter: Ich erziehe, setze Grenzen. Aber: Ich bin in einer Phase wie dieser eben auch einfach überfordert, daher sicherlich oft zu ungeduldig und aufbrausend. In meinem Mental-Load-Gehirn laufen 38 Programme gleichzeitig ab, und neben alldem, was da auf 38 Programmen auf dem Sender Care- und Hausarbeit abläuft, gibts halt ja auch noch die Sender Erwerbsarbeit, „Life Admin“ (Steuer, eigene Arzttermine, usw.), freie Projekte, ganz einfach den Sender Ich und auch noch einen Sender Beziehung.

Ich zweifle heftig in Phasen wie dieser, nicht an der Entscheidung, Kinder bekommen zu haben und auch nicht an meiner Beziehung. Aber am Konstrukt Mutter, am System Eltern sein, an UNSEREM System der Elternschaft, das leider aktuell wieder einmal mehr ein in der Theorie überholtes, altmodisches ist. Mutter kümmert sich, denkt mit, bereitet vor, sorgt sich, Vater ist (oft) nicht da. 

Kurz nach meinem sechsten Muttertag bin ich k.o. Müde. Ausgelaugt. Blicke auf eine Handvoll letzte Tage zurück, an denen ich auf mein Muttersein nicht stolz war. Zu gereizt, zu müde, zu genervt von den immer selben Streits zwischen zwei Kindern, die sich gegenseitig anschreien: „Du bist Kaka!“ und dann in Tränen ausbrechen und weinen, eben weil: „Die hat gesagt, ich bin Kaka“. Wow, guys, I can’t no more. Wirklich, in den letzten Tagen habe ich einige Male gedacht: Ich kann nicht mehr.

Nach fünfeinhalb Jahren Mutterschaft weiß ich, was es heißt, dass Frauen gesellschaftlich benachteiligt sind. Ich weiß, dass meine Rente leidet, wenn ich in Teilzeit arbeite, ich weiß, dass mehr Männer in Führungspositionen sind und mehr Frauen in der Pflege arbeiten. Ich kenne den Thomas-Kreislauf, der besagt, dass es in deutschen Vorständen mehr Thomas’ und Michaels’ als Frauen insgesamt gibt, und dass diese Thomas’ und Michaels’ leider weiterhin hauptsächlich Thomas’ und Michaels’ als ihre Kollegen und Nachfolger befördern. 

Frauen haben weniger Chancen, verlieren heftig an Wert mit jedem Jahr, das sie älter werden, Frauen verdienen weniger, bekommen weniger Rente. Am Ende dankt’s einem einfach niemand, dass man eine Frau ist und die Sachen macht, die man „stereotyp“ eben macht. Sich kümmern, großziehen, gebären, stillen, you name it. Ich bin diese Woche so weit gekommen, zu denken und meinem Mann vor die Füße zu werfen, dass es mir wahrscheinlich irgendwann nicht mal meine eigenen Kinder danken werden, dass ich mich jetzt gerade so viel um sie kümmere. Da mag die Pubertät kommen oder sich einfach bis ins Erwachsenenalter die Erinnerung durchsetzen, dass ich „früher Kaka war“ oder zu streng, dann ist Papa, der weniger Zeit mit den Kindern verbracht und weniger des Mental Loads übernommen hat, genauso angesagt oder noch lieber, lustiger, cooler, whatever. Es wird mir – wahrscheinlich – niemand danken. 

Ich habe diese Woche einen Text auf Instagram gelesen, darüber, dass heute nicht mehr die Zeit ist, geschlechterspezifische Vorurteile zu haben und dass Männer längst genauso wie Frauen sein und funktionieren sollten. Der Text und die zustimmenden Kommentare haben mich nicht losgelassen. Denn ich weiß ja selbst: So, wie wir es machen, ist es nicht der vorbildliche Weg. Diesen Text hier zu veröffentlichen, fällt mir massiv schwer: Denn ich präsentiere damit eine Schwachstelle meines Lebens, unseres Elternsystems, wenn man so will. Wir leben keine faire Care-Arbeit-Aufteilung. Ich bin default parent, Nummer Eins Ansprechpartnerin in so gut wie allen Fragen, die die Kinder angehen. Ich weiß, wo die Lieblingsstrumpfhose ist, ob nun gewaschen oder nicht. Wir verdienen unterschiedlich viel Geld. Mein Mann ist aktuell mehr weg als da, ich verbringe mehr Zeit mit den Kindern als er.

Tauschen würde ich trotz allem nicht wollen. Ein bisschen gleichberechtigter leben, vorleben und erziehen: das schon. Aber dann könnten wir uns das Leben, das wir leben, nicht leisten. Das spielt hier ein bisschen mit rein und ist, wie ich mittlerweile weiß, kein seltenes Problem, sondern einfach der Hauptgrund, warum eben mehr Frauen die Care-Arbeit übernehmen und zeitweise in Teilzeit arbeiten: weil sie eben eh schon weniger verdienen und es dann nicht so schlimm ist, wenn’s noch weniger wird. 

Ich glaube, hoffe, dass meine intensive Zeit zu Hause irgendwie doch Früchte tragen wird. Dass ich meinen Kindern trotz unseres Dasein der „falschen Vorbilder“ die richtigen Werte fürs Leben mitgebe. Ich genieße die Zeit mit den beiden. Sehr. Es wird immer einfacher. Ich liebe die beiden und die Momente mit ihnen bis zum Mond und zurück. Jeden Tag könnte ich heulen vor Stolz.

Ich hoffe, ich muss an der Stelle nicht erklären, dass es in diesem Text kein einziges Mal um die beiden geht. Wie gesagt: Ich würde nicht tauschen wollen mit meinem Mann. Aber finde es wichtig, zumindest stets in kleinen Bewegungen dafür zu kämpfen, dass die Care-Arbeit gesehen wird. Dass es selbstverständlich ist, dass ich dafür entlohnt werde (und zwar so, dass ich einen Teil des Geldes in meine Altersvorsorge stecken kann; mein Wert am Arbeitsmarkt sinkt ja trotzdem noch mit jedem Monat). Und dass der ganze Mental Load rund um die Kinder, um eine Familie immer da ist, niemals schläft. Es hat uns so geholfen, die Mental Load Mind Map (natürlich von mir initiiert…..) mal en detail anzuschauen und in Stunden pro Tag bzw. Woche einzuteilen. 

Die Ergebnisse sind krass. Dafür, dass es sich wirklich einbläut, sich was ändert, sollten wir die Mind Map wahrscheinlich als Poster in der Küche aufhängen. Oder wir starten mit Excel-Tabellen, Projektmanagement-Tools und gemeinsamen Kalendern (den haben wir sogar bereits) – alles Dinge, die Paare teilweise nutzen, hörte ich. Ich finde das toll. Weiß aber einfach: Für uns ist es noch ein weiter, steiniger Weg. 

Und deshalb bin ich aktuell eine bittere Mutter. Eine, die zu viel Mental Load und zu wenig sich selbst hat. Eine, die wie so viele Mütter um sie herum angestrengt, müde und trotz all der Mühe gesellschaftlich benachteiligt ist. Eine, die ihre Kinder liebt. Die Zeit mit ihnen genießt. Aber eben auch eine, die für Pausen, Gleichberechtigung, Rente und Gehalt mehr kämpfen muss als ihre Kraft zulässt.

Cheers to all the mamas out there, die genauso kämpfen.

Die Mental Load Mind Map
Author

Hey, ich bin Lea Lou, Food-Fotografin, Content-Kreateurin, Mama und Yoga-Lehrerin.

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