Vor einem Jahr habe ich bereits einen Text zum Muttertag veröffentlicht, damals war ich mit drei Monate altem Baby noch frisch gebackene Mama und voller Euphorie. Voller Wochenbett-Liebe, voller Verzückung ob des kleinen Knäuels, das tagsüber alle drei Stunden zwei Stunden lang schläft und nachts bloß alle drei Stunden kurz trinken möchte und am nächsten Tag bis acht Uhr schläft.

Oh, wie zuversichtlich ich war, dass ich das alles mit links gewuppt kriege. Habe mir quasi direkt das zweite Kind gewünscht, denn sie sind ja so süß und easy zu handlen. Chillen in der Trage, während ich arbeite, liegen abends in einem Nestchen neben mir auf dem Sofa, bis ich sie mit mir ins Schlafzimmer nehme.

Natürlich war mir klar, dass das so nicht ewig weitergeht. Und doch wurde ich komplett aus der Bahn geworfen vom ersten Jahr mit Baby.

Man kann sicher behaupten, dass ich noch immer, mit jetzt fünfzehn Monate altem Kind, frische Mutter bin. Und doch habe ich persönlich das Gefühl, schon ein ganzes Universum an Wissen dazugelernt zu haben, was das „neue Leben“ als Mama mit sich bringt. Vor allem bin ich binnen dieses einen Jahres auf dem Boden der Tatsachen angekommen, und zwar knallhart. 

Dass das letzte Jahr für mich alles andere als so leicht, wie ich es in den ersten Monaten noch fand, war, habe ich an verschiedenen Stellen schon thematisiert, zum Beispiel hier. Bei Instagram plaudere ich übrigens außerdem regelmäßig aus meinem Mama-Nähkästchen.

Lea Lou Muttertag

Doch das soll jetzt heute nicht erneut Thema sein, denn wisst ihr was: Seit ein paar Wochen spüre ich eine Veränderung. Ich befinde ich mich in einer Phase des Aufschwungs, könnte man sagen, eigentlich schon seit unserer Elternzeit um Toni Lottas ersten Geburtstag herum. Natürlich grätscht auch da immer mal wieder die Corona-Abnormalität dazwischen, denn weiterhin mit Baby zu Hause zu sein, mehr oder weniger alleine zuständig, da mein Freund von früh bis spät im Homeoffice sitzt, habe ich mir so für dieses Jahr nicht vorgestellt. Wir waren absolut bereit für KiTa, ich wollte wieder mehr meiner Arbeit nachgehen und Stück für Stück etwas Freiheit zurückgewinnen. Ich komme definitiv an meine Grenzen mit Antonia zu Hause, und das mehrmals täglich.

Nichtsdestotrotz fühle ich mich seit einigen Wochen besser und habe mich auch danach gesehnt, mich optisch zu verändern. Ich habe mir neue Kleider gekauft und meine Haare abschneiden lassen. Ich habe Lust, mich wieder zu schminken, zur Pediküre zu gehen, habe die Halsketten, die ich ein Jahr lang nicht getragen habe, wieder hervorgekramt. Irgendwie liegt da frischer Wind in der Luft, und viel hängt, glaube ich, damit zusammen, dass unsere Nächte nach dem Abstillen merkbar besser geworden sind. Ich bin einfach nicht mehr so endfertig ständig. 

Apropos Abstillen: Vielleicht trägt auch der Fakt, dass mein Körper wieder komplett mir gehört, dazu bei, dass ich mich besser fühle.

Lea Lou Muttertag

Aber am meisten trägt die kleine – aber auch schon so große! – Toni selbst dazu bei, dass es mir gut geht. Denn: Die ist mit rund einem Jahr einfach eine wahnsinnig große Bereicherung für mein Leben. Wie sie plappert, wie sie läuft, wie sie schaut, wie sie schnaubt, wenn sie versucht, mich beim Naseputzen nachzumachen; wie sie lacht, wie sie isst, wie sie spielt, wie sie klettert, wie sie Sandkuchen backt, wie sie blitzschnell heimlich ins Badezimmer rennt, um mit der Klobürste im Klo herumzuplanschen: Sie bringt mich von früh bis spät zum Lachen, zum Staunen, zum Platzen vor Stolz und zum Überlaufen vor Liebe.

Lea Lou Muttertag

Ich kann mir jetzt, mit einem Jahr, ausmalen, wie diese Liebe, diese Freude und dieser Stolz bloß immer, immer größer wird, mit jedem Tag, jedem Monat, jedem Jahr, das die Kinder älter werden. Die Liebe wird nie weniger werden, sondern immer, immer mehr. Und das macht das Muttersein so wahnsinnig einzigartig und schön. 

SO schön, dass selbst ich, die offen und ehrlich zugibt, dass das erste Babyjahr die größte Herausforderung des Lebens war bisher, bereit bin, noch einmal da durch zu gehen. Oder sogar zweimal. Weil das, was am Ende bleibt, einfach alles in den Schatten stellt. Schon jetzt stelle ich mir vor, wie es ist, wenn ich alt und grau am Tisch sitze mit Toni und sie mir erzählt von ihrem Leben irgendwo. Natürlich würde ich da lieber mit noch einer Antonia sitzen (, die dann vielleicht ein Anton ist und mit seiner Schwester gar nicht viel gemeinsam hat, aber eben mein zweites Kind ist und ich die beiden, gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeit, oder vielleicht sind sie ja auch ganz ähnlich, unendlich liebe) und höre mir ihre Geschichten an.

Das ist es, was im Leben bleibt, merke ich jetzt, und es macht mich absolut sentimental. Einen Mensch geschaffen zu haben, der vom schreienden Baby mehr und mehr eine Person wird, ist einfach ein überkrasses Wunder, es wirft mich jeden Tag aus der Bahn. Es macht mich so stolz und gleichzeitig so verwundbar und traurig, weil ich es so oft eben nicht schaffe, meinem einjährigen Wirbelwind gerecht zu werden. Weil ich die Nerven verliere, die Tage verfluche, das frühe Aufstehen hasse, das Essen, das durch die Luft fliegt, am liebsten einsammeln würde und ihr einflößen würde (nicht wirklich, aber mir fehlen hier die Adjektive, „hassen“ hätte ich einfach noch einmal wählen können). Weil meine Falten tiefer und die Haut unreiner wird, weil ich mich selbst komplett hinten anstelle und ständig gegen die Zeit renne, bei meiner Versuchung, Kind und Arbeit und Haushalt, plus mich selbst, meine Beziehung, meine Freund*innen, unter einen Hut zu bekommen.

Lea Lou Muttertag

Das Leben als Mutter ist der reine Wahnsinn, ich kann gut und ernsthaft verstehen, wenn Leute sich dagegen entscheiden, Kinder zu haben. Ich denke oft an mein früheres Leben und wünsche mir, das noch einmal durchleben zu können, aber eben MIT dem Wissen, dass das, was danach kommt, sich jeden Tag anfühlt, wie einen Marathon zu bewältigen. 

Das, was uns Müttern fehlt, ist noch immer Anerkennung, Anerkennung dafür, dass das, was wir machen, härter ist als die meisten 9-to-5-jobs. Ich möchte keine Vergleiche ziehen, aber ich möchte mit meinen Worten anderen Mamas zusprechen, vor ihnen die Hand heben als eine von ihnen, die genauso die Geduld verliert, bis mittags um 15 Uhr noch nichts gegessen hat, die es nicht schafft, sich die Beine zu rasieren geschweige denn die Haare zu waschen, die sich fragt, wie sie endlich wieder mehr freien Kopf in ihre Beziehung stecken soll, die hadert. Ich hadere so stark und so oft, nichts in meinem Leben bisher hat bei mir größere (Selbst-)Zweifel aufkommen lassen als meine Rolle als Mutter!

Lea Lou Muttertag

Ich würde mir wünschen, dass wir alle offener darüber reden können, untereinander zugeben können, dass es oft einfach die reine Hölle ist, durch die wir gehen. Ich persönlich hadere am meisten mit mir selbst, weil ich ständig denke: Wieso drehen die anderen nicht so durch wie ich? Was machen die, damit es bei denen besser läuft? Sind die Kinder einfacher, essen sie besser, helfen die Männer mehr mit, sind die Mütter einfühlsamer als ich und weniger reizbar? 

Vereinzelt höre ich immer wieder, dass es anderen Müttern eben doch genauso geht wie mir, vielleicht ist die eine Mama nicht so aufbrausend wie ich es bin und vielleicht hat eine andere nicht nebenbei noch eine Selbstständigkeit, der sie – wie ich es tue – liebend gerne mehr Zeit widmen würde. Aber ob wir nun „nebenbei“ berufstätig sind, ein Kind oder fünf haben, ob wir wie Engel schlafende Kinder oder kleine Nachteulen haben, wir sitzen alle in demselben Boot. 

Wir empfinden und geben Liebe, die größer und stärker ist als alles, was es in der Welt sonst gibt, möchte ich behaupten. Nur unseretwegen kann die Menschheit weiterleben, das muss man sich manchmal einfach vor Augen halten. Wir leisten Riesiges, nicht nur während der Schwangerschaft und bei einer Geburt. Tagein, tagaus. Und es macht für mich einfach keinen Sinn, sich nicht offen und ehrlich darüber auszutauschen und auszulassen, was das mit uns, als Individuen, denn wir sind eben doch auch noch Mensch und nicht bloß Mutter, macht. 

Von mir bekommt ihr Mamas auf jeden Fall die maximale Anerkennung, die ich euch heute, am Muttertag, schenken kann. Und ich hoffe, auch persönlich erfahrt ihr heute Gesten der Liebe, des Respekts, der Anerkennung. Ihr habt sie bei weitem verdient!

Happy Muttertag!

Liebst,
Lea Lou

Lea Lou Muttertag

Die tollen Fotos hat wie so oft meine Freundin Claudia Simchen gemacht. Sie freut sich, wenn ihr sie in dieser so schwierigen Lockdown-Zeit unterstützt!

Author

Hey, ich bin Lea Lou, Food-Fotografin, Content-Kreateurin, Mama und Yoga-Lehrerin.

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